Expedition 2013 (4/5) – 3 Tage im Biwak

Tag 11 (Montag, 19. August)

Ich komme wie vereinbart gegen 12:00 bei der Eiskapelle an, staune jedoch nicht schlecht, denn dort stehen schon alle in den Startlöchern für den Abstieg in die Plattenhöhle. Der Plan für die erste Hälfte dieser Woche sieht folgendermaßen aus: Wir steigen alle heute gemeinsam in die Plattenhöhle bis zum VBL in ca. 120m Tiefe ab. Ein 3er-Trupp (Thomas, Romain und ich) steigt für 3 Tage weiter ab ins Biwak, der zweite 3er-Trupp versucht, durch die Prinz Eugen Halle weiter nach unten zu kommen und so vielleicht einen einfacheren und ungefährlicheren Weg nach unten zu finden.
Um 13:45, gerade als wir von der Eiskapelle aufbrechen wollen, geht über dem Grießkar ein Gewitter nieder. Wir warten den stärksten Regen ab und gehen dann zur Plattenhöhle runter. Um 14:20 steigen wir in die Höhle ein. Im Eingangsbereich tropft aufgrund des Gewitters sehr viel mehr Wasser als sonst von der Decke, unterhalb des 8m-Schachts merkt man (noch) nichts von dem Gewitter, auch im Ginnungagap ist fast kein Wasser. Wir wissen jedoch nicht, wie sich das Wetter heute Nachmittag weiter entwickeln wird und ob bzw. wie wir das zu spüren bekommen.
Als wir beim VBL ankommen, zeige ich dem zweiten Trupp den Weg zur Prinz-Eugen-Halle, danach trennen sich unsere Wege. Wir kommen um 17:45 beim Biwak 2011 an.

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Ein Schacht im Mäander (Foto: Romain)
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Thomas im Mäander (Foto: Romain)

 

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Unsere Wasserstelle, jetzt aber mit deutlich mehr Wasser als letzte Woche

Heute hört man sogar vom Biwak aus das Wasser jenes Canyons, aus dem wir immer unser Wasser holen. Laut Thomas war das bei den bisherigen Touren noch nie der Fall. Das will ich mir unbedingt ansehen und so gehe ich freiwillig Wasser holen. Heute fließt schon deutlich mehr Wasser als letzte Woche den Canyon runter, aber so wie die Felsen im Canyon aussehen, geht da noch wesentlich mehr.

Interessant ist, dass in jenem Schacht, in dem wir in der ersten Woche wegen des vielen Wassers gute 2 Stunden warten mussten, heute vom Hochwasser absolut nichts zu merken war. Weiter oben muss das jedoch ganz anders gewesen sein: Bei unserer Rückkehr in die Eiskapelle am Mittwoch erfahren wir nämlich, dass die andere Gruppe heute ziemlich was abgekriegt hat, aber dazu später mehr.
Bis wir alles eingerichtet und gegessen haben, ist es 22:30.

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Thomas und Romain im Biwak 2011

Tag 12 (Dienstag, 20. August)

Das Wasser im Canyon ist noch immer deutlich zu hören, also noch immer viel Wasser. Wir brechen um 08:30 zu dem letzte Woche neu entdeckten Gang auf und vermessen ihn. Ich binsc hon sehr gespannt, wie viel Wasser in dem Bach unterhalb des Umkehrpunkts von letzter Woche fließt. Aber der führt genau so viel Wasser wie vor einer Woche, keine Spur von Hochwasser.
Wir finden rechts vom Umkehrpunkt der letzten Woche eine großräumige Fortsetzung und
beschließen, dieser und nicht dem Bach zu folgen. Auch diese Fortsetzung führt weiter
Richtung Norden und steigt insgesamt leicht an. Nachdem wir uns durch eine enge und hohe Kluft gekämpft haben, klettern wir einen stark ansteigenden Gang hoch. Hier müssen wir für den Rückweg unsere letzten Seile einbauen.

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in der Kluft (Foto: Romain)
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Nach der Kluft wird es wieder großräumig

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da es inzwischen schon relativ spät ist und wir auch schon ein wenig müde sind,
beschließen wir, zum Biwak zurück zu kehren. Wir kommen dort um 22:15 an. Heute haben wir über 500m neue Ganglänge vermessen. Wir sind schon sehr gespannt, wie weit wir nach Norden gekommen sind, denn nicht allzu weit im Norden endet ja der Berg mit der Nordwestflanke des Zwölferkogels.

Auf dem beschwerlichen Weg zurück ins Biwak haben wir uns diesmal etwas Zeit für Fotos genommen:

 

Tag 13 (Mittwoch, 21. August)

Wir brechen um 07:30 auf. Nach dem ersten größeren Schacht (40m-Schacht nach Biwak 2010) misten Thomas und Romain mein Steigzeug aus und bauen es nach ihrem Muster um. Beim nächsten Schacht merke ich dann einen gewaltigen Unterschied was den Kraftaufwand betrifft, das Aufsteigen am Seil kostet mich nun wesentlich weniger Kraft.
Auf dem Weg nach oben sieht man an einigen Stellen deutliche Spuren des Hochwassers der letzten Tage, vom Hochwasser selbst ist aber heute nichts mehr zu sehen. Um 14:00 erreichen wir ziemlich müde den Eingang.

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Thomas vor dem Eingang

Als wir bei der Eiskapelle ankommen, bereitet sich die andere Gruppe gerade auf den Abstieg ins Biwak vor. Ihr Ziel ist erstens den letzte Woche entdeckten Fluss zu vermessen und zweitens die Weiterforschung an unserem Umkehrpunkt von gestern.

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wieder bei der Eiskapelle

Um ca. 17:00 brechen sie von der Eiskapelle auf. Zuvor haben wir natürlich noch ausführlich über die vergangenen 3 Tage gesprochen.

Und das war der anderen Gruppe am Montag widerfahren:

Nachdem wir uns getrennt hatten, hatten sie sich in der Prinz-Eugen-Halle 2 Schächte abgeseilt, wobei der 2. Schacht Neuland war (den ersten Schacht sind Hans und ich schon vor vielen Jahren hinunter). Im 2. Schacht wurden sie vom Wasser überrascht, aus einem kleinen Rinnsal wurde innerhalb kürzester Zeit ein gefährlicher Wasserfall, der sie fast eingeschlossen hätte. Sie schafften es aber, den Schacht wieder rauf zu kommen, wurden dabei aber ziemlich nass. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als wieder aus der Höhle auszusteigen. Beim Aufstieg mussten sie im Ginnungagap, der sich heuer bisher außergewöhnlich trocken präsentiert hatte, noch einmal durchs Wasser. Am noch immer recht trüben Dienstag gingen sie zur Pühringer-Hütte, um ihre Ausrüstung zu trocknen.